Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
„Frieden und Freiheit, das sind die Grundlagen jeder menschenwürdigen Existenz.“ Fast selbstverständlich, sollte man meinen.
Mit diesen Worten, möchte ich Euch an den Volkstrauertag erinnern.
Wir gedenken der vielen Frauen, Männer und Kinder aus unserem Land und vielen anderen Ländern, die Opfer von Krieg und Gewalt geworden sind.
Heute, ziemlich genau 106 Jahre seit Beginn des Ersten Weltkrieges und vor 75 Jahre seit Ende des Zweiten Weltkrieges, begehen wir den Volkstrauertag als einen „Stillen Tag“, und überall in der Bundesrepublik finden Gedenkfeiern an diesem Tag statt.
Gemeinsam halten wir hierdurch die Erinnerungen an die Gräueltaten jener Zeiten wach und rufen uns das dunkelste Kapitel unserer Geschichte ins Gedächtnis.
Wir gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt, von Völkermord, Verfolgung und Vertreibung, aber auch des Widerstands.
Wir erinnern uns an das unsägliche Leid, das Millionen Menschen in unserem Land und in anderen Teilen der Erde zugefügt wurde.
Niemals dürfen wir damit aufhören, uns die Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt vor Augen zu führen.
Der Volkstrauertag hat seine uneingeschränkte Berechtigung, denn er mahnt die heutige Generation zum Frieden. Und dies muss auch in Zukunft so bleiben.
Unser heute in großen Teilen grenzenloses Europa gründet sich auf einen Prozess, der in eine Friedensverantwortung mündet.
Aber:
Die aktuellen Ereignisse in Syrien, Irak, dem Jemen, in Somalia, Sudan, Mali, Zentralafrikanische Republik, in Armenien und Aserbaidschan (Bergkarabach), in der Ukraine und seit Jahrzehnten in Afghanistan und in vielen anderen Ländern der Welt zeigen uns jedoch auch, dass ein Friedensprozess manchmal stockt und immer wieder des Anstoßes bedarf.
Die Frage nach Krieg und Frieden ist aktuell geblieben und der Krieg, alle Konflikte dieser Welt, werden uns fast jeden Abend frei Haus mit der Tagesschau ins Wohnzimmer geliefert. Flüchtlingsströme aus aller Welt sind unterwegs und die vielen Terroranschläge machen eines deutlich – Frieden ist noch lange nicht.
Der Volkstrauertag erinnert nicht nur an das eigene Leid, sondern schließt immer auch das Gedenken an die Opfer der anderen Nationen, der anderen Kriege mit ein.
Wenn wir all diese Menschen vergessen oder die Erinnerung an sie verdrängen, wenn wir nicht nach den Ursachen all des menschlichen Leids fragen und ihr Schicksal nicht als Mahnung begreifen, dann werden wir mit uns selbst nicht mehr ins Reine kommen.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
bedenken wir an diesem Tag, um wie vieles diese Welt menschlicher und lebenswerter wäre, wenn es gelingen könnte, Terror, Gewalt und Krieg schon in ihren Ansätzen zu ersticken. Diesen Wunsch hegen sehr viele Menschen, aber die Realität sieht leider anders aus.
Somit beschränken sich das Gedenken sowie das Mahnen nach Frieden leider nicht allein auf die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts. Der Volkstrauertag soll uns immer wieder ermahnen, dass der Wille zum Frieden ein Prozess ist, der eben nicht irgendwann endet. Daran sollten wir immer denken, wenn wir mal am Sinn des Volkstrauertages zweifeln.
Ich will glauben und dafür kämpfen, dass Menschen fähig sind, mitfühlend Anteil zu nehmen und gewaltfrei zu leben und zu handeln.
So ist es Gottes Wille. Aber er hat den Menschen die Freiheit geschenkt zu wählen zwischen Gut und Böse, zwischen Vertrauen und Angst.
Sind wir nicht alle schon einmal enttäuscht worden in unserer Hoffnung? Sind wir nicht alle schon an Menschen gescheitert?
Lassen wir unsere Hoffnung nicht fallen, denn Hoffnung, die wir uns immer wieder erkämpfen und die wir in unserer Seele finden, sie ist der Schlüssel zu einer besseren Zukunft.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
der Volkstrauertag ist und bleibt ein Tag der Erinnerung und der Besinnung; der Erinnerung an Krieg und Gewalt und des Gedenkens an die Toten.
Wir verneigen uns in Trauer vor ihnen und bleiben ihnen verbunden in der dauerhaften Verpflichtung für Frieden, Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit.
Vielen Dank!
Helmut Wichelmann
Bgm. Gemeinde Höhndorf